Manöver des 10. Deutschen-Bundes-Armee-Corps 1843

Deutsch Evern war im 18. und 19. Jahrhundert aufgrund seiner Nähe zu Lüneburg und großer freier Flächen entlang der Ilmenau ein bevorzugter Ort für großangelegte Militärmanöver. 1782 und 1787 fanden in Deutsch Evern Manöver der Kurhannorverschen Armee statt. An dem Manöver 1782 haben etwa 4300 Soldaten teilgenommen.

Das Manöver des 10. Deutschen Bundes-Armee-Corps vom 24.09. – 09.10.1843 war mit über 25.000 teilnehmenden Soldaten das größte seiner Art, das im Raum Lüneburg und Deutsch Evern je durchgeführt wurde und erforderte eine jahrelange Vorbereitungszeit. So wurde umfangreiches Kartenmaterial erstellt, das weit über den eigentlichen Bereich des Manövers hinausging.

 Hintergrund und Zusammensetzung des Corps

Das Deutsche Bundesheer war von 1815 bis 1866 die Streitmacht des Deutschen Bundes. Der Deutsche Bund hatte selbst keine Truppen, sondern war auf Truppen der Mitgliedsstaaten angewiesen. Diese Truppen waren in zehn Bundescorps und eine Reservedivision eingeteilt. Die Sollstärke betrug insgesamt etwa 300.000 Mann, war jedoch größtenteils kein stehendes Heer. Zum Vergleich: Die gesamte Bundeswehr hatte im April 2022 einen Personalstand von 183.427 Soldatinnen und Soldaten.

Die Soldaten des 10. Corps stellte das Königreich Hannover, die Herzogtümer Lauenburg, Holstein, Braunschweig, die Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg sowie die Städte Lübeck, Bremen und Hamburg

 Von dem 10. Deutsche Bundes-Armee-Corps nahmen an dem Manöver teil:

  • 3489 Mann Kavallerie,
  • 20497 Mann Infanterie,
  • 1103 Artilleristen,
  • 326 Pionieren,
  • insgesamt 25415 Mann.

Gesamtzahl an Pferden 4936

Der Oberbefehl über das Corps war Generalmajor Sir Hugh Halkett übertragen, der u.a. als Offizier an der Schlacht von Waterloo gegen Napoleon teilgenommen hatte. Die erste Division, bestehend aus Hannoveranern und Braunschweigern, wurde von dem Generalleutnant von der Decken befehligt. Die zweite Division bestehend aus Holsteinern, Lauenburgern, Mecklenburgern, Oldenburgern und Hanseaten wurde von dem dänischen Generalleutnant Landgraf Wilhelm von Hessen befehligt.

Das Hauptquartier befand sich in Lüneburg.

Die gesamte Infanterie war in Deutsch Evern in Zeltlagern entlang der Ilmenau- nördlich und südlich der Melbecker Straße- untergebracht, die übrigen Soldaten waren in der Umgebung von Lüneburg einquartiert.

Zusätzlich zu den Zelten für die Soldaten gab es zahlreiche Buden, Schank- und Marketenderzelte, Schießbuden, Tanzzelte, Karussells usw., so dass insgesamt ca. 2500 Zelte aufgeschlagen wurden. Von den zahlreichen Feuerstellen findet man heute noch Reste.

Für den Einzug ins Lager und den Übungsgefechten im Rahmen des Manövers wurden vier Behelfsbrücken über die Ilmenau errichtet.

Versorgung der Soldaten

Bei den damaligen Verkehrsverhältnissen, eine Eisenbahn gab es im Raum Lüneburg noch nicht, war es natürlich keine Kleinigkeit, die erforderlichen Lebensmittel herbeizuschaffen. Die Lieferungen wurden größtenteils auswärtigen Firmen übertragen.

Es lieferten in etwa

  • Schlachtermeister Ballheimer in Hamburg: um die 100.000 kg Ochsenfleisch (täglich 30-35 Ochsen) und 600 Schock Lagerstroh zu je 560 kg,
  • Kaufmann Salomon in Winsen/L 20 000 Himbten Kartoffeln, 15.000 kg. Erbsen, 4.000 kg. Bohnen, 1.780 kg. Graupen, 2.500 kg. Reis, 11.700 kg. Salz, 70 000 Pferderationen aus Hafer, Heu und Stroh,
  • Bäckermeister Spangenberg in Lüneburg 280.000 kg. Brot,
  • Ökonom Refardt In Wulfsode 40 000 Quartier Kornbranntwein (1. Quartier = 0,98l)
  • Salomon in Winsen und Rodenburg in Bremervörde lieferten den nötigen Torf (2 ½ Mio. Soden).

Da es noch keine Eisenbahn gab, erfolgte der Transport mit zweirädrigen Karren oder vierrädrigen Frachtwagen, die max. 800 kg bzw. 1600 kg befördern konnten. Auch das wird eine große logistische Herausforderung gewesen sein.

Das Manöver war natürlich ein gesellschaftliches Ereignis: Lüneburg hatte sich herausgeputzt und bot den hohen Gästen entsprechende Quartiere an. Damit auch Zuschauer zum Manöver kommen konnten, wurden u.a. Pferdeomnibusverbindungen nach Celle und zur Hoopter Fähre eingerichtet.

Verlauf des Manövers

Nach dem Einzug ins Lager wechselten sich Manöver- und Ruhetage ab. Die Gefechtsübungen erstreckten sich im weitem Umfeld von Lüneburg. Die Manöver aber auch das Lagerleben wurden erschwert durch schlechtes Wetter mit viel Regen. Dadurch litten viele Soldaten an Erkältungskrankheiten. Neun Soldaten sind während des Manövers verstorben.

Am 04. Oktober kam der preußische König Friedrich Wilhelm IV. nach Lüneburg. Ihm zu Ehren gab es am Abend einen großen Zapfenstreich auf dem Lüneburger Marktplatz.

Den Abschluß des Manövers bildete am 8. Oktober die große Abschlussparade vor allen Gästen auf einem Feld nahe dem Dorf Hagen.  Aufgrund des wiederum heftigen Regens wurde der Ablauf der Parade verkürzt.